Die langweilige Firma? Wohl kaum. Elon Musk, der visionäre Unternehmer hinter Tesla und SpaceX, hat 2016 ein weiteres Unternehmen namens „The Boring Company” gegründet, welches nicht unbedingt dieselbe Bekanntheit hat aber mindestens genauso ambitioniert ist. Er will Verkehrsprobleme lösen, indem er ein unterirdisches Transportsystem schafft, das Autos und Menschen auf elektrischen Plattformen mit einer Geschwindigkeit von über 200 Kilometer pro Stunde befördert.
Musk glaubt, dass er durch den Bau dieser Tunnel unter Großstädten die Verkehrsüberlastung radikal lindern kann. Der erste Testtunnel in der Stadt Hawthorne wurde Ende 2018 fertiggestellt, ein zweiter in Las Vegas ist nun auch abgeschlossen und viele weitere sollen folgen.
Wie funktioniert die Tunneltechnologie von Elon Musk?
Die Tunneltechnologie von The Boring Company basiert auf dem Konzept des Hyperloop, das von Musk erstmals 2013 vorgeschlagen wurde. Der Hyperloop ist ein System aus versiegelten Röhren, die mit Hilfe von Niederdruckluft schweben und Passagierkapseln mit hoher Geschwindigkeit antreiben. The Boring Company hat dieses Konzept für ihr Tunnelsystem, das sich Loop nennt, angepasst und daraus ein angepasstes Angebot für Unternehmen und öffentliche Hände kreiert.
Die Grundidee – Mehr Zukunft als Gegenwart
Das Loop-System besteht aus einem Netz von Tunneln, die verschiedene Punkte innerhalb einer Stadt miteinander verbinden soll. Der Durchmesser dieser Tunnel ist wesentlich kleiner als der eines herkömmlichen U-Bahn-Tunnels, so dass theoretisch mehrere parallele Tunnel gebaut werden können. Elektrofahrzeuge, so genannte „Skates”, befördern Passagiere oder Autos mit einer Geschwindigkeit von über 200 Kilometer pro Stunde durch die Tunnel.
Die Skates werden von Magneten angetrieben und bewegen sich auf einem Luftkissen, ähnlich wie bei Magnetschwebebahnen. Dieses System ist energieeffizienter als herkömmliche Züge auf Rädern und verringert außerdem Reibung und Vibrationen.
The Boring Company hat bisher zwei Testtunnel gebaut (drei, wenn man den Forschungstunnel mit einbezieht – Stand: Februar 2022), einen in Hawthorne, Kalifornien, und einen in Las Vegas, Nevada. Das Unternehmen plant auch an einer Reihe anderer Projekte, darunter ein Tunnel, der das Dodger-Stadion mit der nahe gelegenen U-Bahn-Station verbindet, und eine Hochgeschwindigkeits-Expressschleife, die den internationalen Flughafen O’Hare in Chicago mit der Innenstadt verbindet.
Was sind die Vorteile von Elon Musk’s Tunnelsystem?
Musk glaubt, dass sein Tunnelsystem das Potenzial hat, den Verkehr zu revolutionieren. Durch die Beseitigung von Verkehrsstaus könnte es die Städte lebenswerter machen und die Reisezeiten drastisch verkürzen. Das System ist außerdem wesentlich energieeffizienter als herkömmliche Züge und Autos, was zur Verringerung der Treibhausgasemissionen beitragen würde.
- Es gibt keine praktische Begrenzung, wie viele Tunnelschichten gebaut werden können, so dass jedes denkbare Kapazitätsergebnis realisiert werden kann. Diese Anpassungsfähigkeit unterscheidet sich von einem oberirdischen Netz, wo es oft schwierig ist, eine weitere Fahrspur auf der Straße zu schaffen.
- Tunnel verbrauchen von allen unterirdischen Transportmöglichkeiten am wenigsten Land. Außerdem beeinträchtigen sie nicht die bestehenden Verkehrsnetze wie Straßen und Gehwege.
- Das System ist unabhängig von Wetterbedingungen wie Regen, Schnee, Wind oder Oberflächentemperaturen.
- Der Tunnelbau hat praktisch keine Auswirkungen auf die Oberfläche; Tunnelbau und -betrieb verursachen keinen spürbaren Lärm oder Vibrationen. Tunnelbau und -betrieb sind unmerklich, leise und nicht wahrnehmbar.
- Erweiterung: Ein tunnelbasiertes System ist viel einfacher auszubauen als ein oberflächenbasiertes System.
- Für den Bau eines Tunnelnetzes müssen heute erhebliche Summen investiert werden: Viele Projekte kosten etwa 50 bis 300 Millionen oder mehr Euro pro Kilometer. Um umfangreiche Tunnelnetze realisieren zu können, müssen die Kosten für den Tunnelbau um mehr als das Zehnfache gesenkt werden und genau darauf fokussiert sich The Boring Company.
Warum Tunnel und nicht Straßen?
Tunnel sind für den Transport einer großen Anzahl von Menschen und Fahrzeugen wesentlich effizienter als Straßen. Sie benötigen weniger Platz und können so gebaut werden, dass die oberirdische Umgebung nicht beeinträchtigt wird.
Tunnel haben auch das Potenzial, die Verkehrsüberlastung auf unseren Straßen zu verringern. Rund 30% des Platzes auf einer Autobahn sind leer und werden nicht effektiv genutzt. Das liegt daran, dass der Verkehr von Natur aus unvorhersehbar ist und es immer Autos gibt, die langsamer oder schneller als der Durchschnitt fahren.
Um das Problem des verstopften Verkehrs zu lösen, müssen die Straßen in 3D gebaut werden. Die heutigen Straßen sehen oftmals wie Hochstraßen und Kleeblatt-Kreuzungen aus, deren Bau kostspielig ist und erhebliche Unannehmlichkeiten verursacht. Tunnelnetze funktionieren in 3D und können ein hohes Verkehrsaufkommen effizient bewältigen. Wenn wir also ein Tunnelsystem bauen können, das die gleiche Menge an Verkehr aufnehmen kann wie unser derzeitiges Straßensystem, können wir eine Verringerung der Staus um bis zu 70% erreichen.
Verschönerung unserer Städte
Bestehende Verkehrssysteme verbrauchen wertvollen Grund und Boden in Städten, in denen der verfügbare Platz begrenzt ist. Tunnel verringern den Flächenverbrauch und könnten schließlich ganze Verkehrsnetze unter die Erde verlegen. Wir können Straßen in gemeinschaftsfördernde Orte umwandeln und unsere Metropolen verschönern, indem wir den Verkehr unter die Erde verlegen.
Tunnel ermöglichen Hyperloops
Hyperloop-Netze bieten regionale Hochgeschwindigkeitsverbindungen, die andere Optionen übertreffen. Individueller Punkt-zu-Punkt-Hyperschnellverkehr ist dank des Hyperloops möglich.
Was sind die Herausforderungen des Tunnelsystem?
Der Bau eines unterirdischen Verkehrssystems ist ein gewaltiges Unterfangen, und es bleibt abzuwarten, ob The Boring Company Musk’s Vision tatsächlich verwirklichen kann. Eine der Herausforderungen des Tunnelsystems besteht darin, dass es teuer zu bauen ist. The Boring Company schätzt, dass ihre Tunnel etwa ein Zehntel so viel kosten werden wie herkömmliche U-Bahn-Tunnel, aber sie werden wahrscheinlich immer noch teurer sein als herkömmliche Straßen und Autobahnen.
Das Problem im Vergleich zu Autobahnen: Straßen sind aktuell noch günstiger im Neubau – zumindest, wenn man nur den Bau betrachtet. Der Bau einer neuen Autobahn kann zwischen 6 Millionen und 20 Millionen Euro pro Kilometer kosten – sogar bis zu 100 Millionen Euro können möglich sein. Die aktuellen Kosten für ein herkömmlichen Kilometer Tunnelbau liegen bei bis zu 200 Millionen Euro, auch wenn The Boring Company diese hohen Kosten „in Luft auflösen” will.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass das Tunnelsystem noch nicht in großem Maßstab erprobt ist. Der Hawthorne-Testtunnel ist nur ca. 1,83 Kilometer lang, und der Las Vegas-Tunnel ist weniger als 3,2 Kilometer lang. Es ist noch nicht klar, wie gut das System in größerem Maßstab funktionieren wird oder wie sicher es sein wird.
The Boring Company steht in einigen Staaten der USA auch vor regulatorischen Hürden. In Kalifornien zum Beispiel musste das Unternehmen zahlreiche Genehmigungen einholen, bevor sie mit dem Bau ihres Versuchstunnels beginnen konnten. In Deutschland und Europa wird es ganz sicher nicht einfacher werden – das können wir Elon Musk nach der Gigafactory in Grünheide versprechen.
Trotz dieser Herausforderungen bleibt Musk optimistisch, was das Potenzial seines Tunnelsystems angeht. Er glaubt, dass es eines Tages zum „Rückgrat” des städtischen Verkehrsnetzes werden könnte, das Menschen und Autos in wenigen Minuten durch die Stadt bringt und grundsätzlich klingt das Konzept in der Theorie sehr vielversprechend.
Wie werden diese Tunnel gebaut – Prufrock?
The Boring Company hat eine neue Tunnelbautechnologie entwickelt, die Tunnel mit einer Geschwindigkeit von bis zu 350 Meter pro Tag bauen kann. Das ist 10-mal schneller als herkömmliche Tunnelbaumethoden. Bei dieser Technologie werden Elektrofahrzeuge, so genannte Tunnelbohrmaschinen (TBM), zum Graben von Tunneln eingesetzt. Die TBMs sind mit einem fortschrittlichen Leitsystem ausgestattet, das sie auf dem richtigen Weg hält. Außerdem verfügen sie über einen speziellen Schneidkopf, mit dem sie sich durch hartes Gestein bohren können.
Der Tunnelbohrer namens „Prufrock” ist so konzipiert, dass es sofort mit der Arbeit beginnen kann. Er taucht unter die Erde und kommt wieder hoch, wenn er fertig ist. Auf diese Weise muss er nicht mit einem Loch beginnen und spart Geld. Nach Ankunft kann es innerhalb von 48 Stunden an die ersten Meter Tunnelbau gehen.
Prufrock ist für eine Geschwindigkeit von mehr als 1,5 Kilometer pro Woche ausgelegt, was sechsmal schneller ist als die vorherige TBM von The Boring Company (Godot+). Laut ihrer Website ist das immer noch 4-5-mal langsamer als eine Weinbergschnecke.
Prufrock’s langfristiges Ziel ist es, mehr als 1/10 der menschlichen Gehgeschwindigkeit zu erreichen, also etwa 10 Kilometer pro Tag. Die Geschwindigkeit zu erhöhen kann auch durch den Wegfall von individuellen Faktoren entstehen. Ähnlich wie bei Tesla, wo viele Ausstattungen standardisiert sind, wird auch bei The Boring Company gearbeitet. Die Tunnelgröße auf 10-20 Meter zu reduzieren, kann dabei helfen das Rad nicht bei jedem Projekt neu erfinden zu müssen.
Weitere Faktoren:
Wiederverwendung: Entwicklung alternativer Konzepte für die Wiederverwendung von Tunnelaushub, einschließlich der Wiederverwendung als Ziegel und Pflastersteine für den Wohnungsbau und die Verschönerung von Böschungen.
Ein sauberer Tunnel mit geringerem Belüftungsbedarf entsteht durch den Einsatz eines vollelektrischen Konzepts, z. B. durch den Einsatz von Liner Trucks zum Vortrieb von Tunneln.
NOT-A-BORING COMPETITION
Wie sollte es bei Elon Musk auch anders sein: „Herausforderungen sind sein großes Ding!” und das nicht nur bei Tesla oder SpaceX. Elon Musk und seine Tunnelbohrfirma The Boring Company haben im Juli 2020 den Not-a-Boring-Wettbewerb ins Leben gerufen, um die herkömmliche Vorgehensweise von Tunnelbohrmaschinen zu verändern.
Studierende aus der ganzen Welt waren aufgefordert, eine Tunnelbohrmaschine zu entwerfen und zu bauen, die schneller Tunnel gräbt, als eine Schnecke kriechen kann. Das Finale des Wettbewerbs fand im September 2021 in Las Vegas statt, wo die Teams und ihre Tunnelbohrmaschinen gegeneinander antraten.
Jedes Jahr sucht The Boring Company über den Wettbewerb NOT-A-BORING COMPETITION die besten Ideen rund um den Tunnelbau. In den Disziplinen:
- Team Safety
- Fastest Launch Design
- Innovation and Design
- Best Guidance System
wird es ab sofort wohl jedes Jahr ein Kopf an Kopf Rennen zwischen den klügsten Studenten und Entwicklern weltweit geben, um den großen Plan zur Beseitigung von Verkehrsstaus umzusetzen. Auch eine deutsche Universität konnte 2021 ins Finale einziehen und sogar gewinnen. TUM Boring – Innovation in Tunneling e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der die Zukunft des Verkehrs mitgestalten will. Zu diesem Zweck wollen sie die schnellste Tunnelbohrmaschine (TBM) der Welt bauen. Als Studententeam haben sie den Not-a-Boring-Wettbewerb von Elon Musk mit Hilfe der Technischen Universität München bestritten.
Die Finalisten des Not-a-Boring-Wettbewerbs 2021 waren:
- Biggus Diggus – Hobbyists – United Kingdom
- CU Hyperloop – University of Colorado Boulder – United States
- Dirt-Torpedo – DHBW Mosbach – Germany
- HyperloopUC – University of Cincinnati – United States
- MIT Hyperloop III – Massachusetts Institute of Technology – United States
- Paradigm Boring – Memorial University of Newfoundland and Northeastern University, St. John’s – Canada and United States
- Swissloop Tunneling – ETH Zurich – Switzerland
- Team Badgermole – Hobbyists – India and United States
- The Diggeridoos – Virginia Tech – United States
- The Warwick Boring Team – University of Warwick – United Kingdom
- TUM Boring – Innovation in Tunneling – Technical University of Munich (TUM) – Germany
- UMD Loop – University of Maryland – United States
Die Gewinner 2021:
Team Safety: UMD Loop
Fastest Launch Design: The Diggeridoos
Innovation and Design: Swissloop Tunneling
Best Guidance System: TUM Boring
Overall Winner: TUM Boring
Fazit:
Man mag Elon Musk vor vielen Jahren noch als Träumer hingestellt haben, aber durch Tesla und SpaceX hat Elon zusammen mit seinen Tausenden von hochklassigen Mitarbeitern einiges erreicht. The Boring Company befindet sich noch in der Anfangsphase, aber mit dem Talent und den Ressourcen, die Elon Musk zur Verfügung stehen, ist es nicht schwer vorstellbar, dass er einen Weg finden wird, seinen Tunneltraum zu verwirklichen. Wir bleiben am Ball.